Mittwoch, 14. Dezember 2016

Noël in Amerika?

als Deutsche verbinden wir mit dem Advent vor allem Besinnlichkeit
und die Franzosen?
Gewohnheitsgemäß stellt man sich ja Weihnachten als Europäer eher ähnlich vor
Tannenbaum, Kerzen, der berauschende Duft von Glühwein... und vielleicht etwas dezente Dekoration
Wilden Blinklichtern begegnet man eher selten
doch vielleicht entpuppt sich mein Horizont auch einfach als sehr begrenzt
Ganz entgegen der sonst stets präsentierten Stilsicherheit der Franzosen
lachen mich in ganz Dijon bahnbrechend bunte Lichter an
ich kann meinen Schrecken kaum fassen
blaue Blinkesterne en masse?
Pinke und grüne „Schneebälle“?
Blau-weiß leuchtende UND sich dann noch drehende Sterne an so manch wunderbar antiker Fassade?
Gipfelstürmer und Rekordhalter ist ganz klar das romantisch rasende Riesenrad!
sind wir hier auf dem Jahrmarkt oder was?
Und als Kirsche auf dem Sahnetörtchen schließen die Stände dann auch schon um 8
Zu allem Übel gibt es als Entschädigung nicht einmal Glühwein an der Uni
Schade!
Natürlich sind die Franzosen fürchterlich entsetzt über unsere „komischen deutschen Sitten“
ich sage dazu nur: jeder wie er will!


Donnerstag, 17. November 2016

Ambitionen



Mir ist kalt. Ich bin müde. Ich kann nicht mehr. Alles schmerzt – der Nacken, die Schultern, die Oberschenkel, die Waden. Je n’ai pas de jambes, sagt der Franzose. Meine Finger sind erstarrt. Ich will mich nicht bewegen. Ich will heim.

Ein letztes Spiel. Grau stehen die Wolken über der matschigen Fläche, die einst von Rasen bedeckt war. „Allez, les filles!“, ich trabe durch das von tiefen Furchen durchzogene Spielfeld. „Nous attaquons!“ Jeder auf seinem Platz. Pfiff.

Und plötzlich ist es wieder da. Dieses Gefühl. Meine Lungen weiten sich, Luft strömt durch mich hindurch, ich spüre mein Blut durch die Gefäße rauschen. Ich spüre mich. Sprint, tiefgehen, tackeln, aufstehen, anbieten. „Je l’ai, je l’ai!“ Sprint, tiefgehen, tackeln, aufstehen. Ich spüre mich. Tackeln, Foul, Pfiff. Gedränge für den Gegner. Wir stehen uns gegenüber. Angesicht zu Angesicht. Es gilt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. „Flexion, Liaison, Sortie!“ Sprint. Stollen bohren sich in den Lehm, Matschklumpen wirbeln durch die Luft. Schreie, dumpfes Klatschen, Körper gegen Körper. Tiefgehen, tackeln, aufstehen, Pass. „Suis là, là, droite, droite!“ Pass, Pass, Versuch. Ich bin frei.

Ein Gefühl von Leichtigkeit durchfließt mich. Ich spüre es. Heißer Schweiß auf meiner Stirn, weicher Matsch bedeckt meine Haut. Kühle Luft in Rachen und Nase. Ein weites Herz, die Arme offen den Gegner zu begrüßen. Sprint, tiefgehen, tackeln.

Mir ist kalt. Ich bin müde. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht heim.

Montag, 31. Oktober 2016

erschrocken?

Man würde annehmen, das deutsche und das französische Bildungssystem seien inhaltlich ähnlich & vergleichbar in den Punkten Aufbau und Organisation.
Doch nach nun circa 2 Monaten französischen Uni - Lebens muss man erschrocken feststellen, dass dem nicht so ist... Zumindest nicht ganz.
Die Gelassenheit - vielleicht sogar Chaotik - der Franzosen macht sich sofort bemerkbar.
Die Uni startet - wo bleibt der Stundenplan?
Da müssen schon erst einmal 3 geschlagene Wochen vergehen, bis alles steht!
Fast wehmütig erinnern wir uns an die festen Fristen in "Good Old Allemagne".
Da konnte man sich wenigstens sicher drauf verlassen.
Das französische Uni System erinnert an alte Schultage mit farblosem Frontalunterricht.
Immerhin lässt man uns hier in Frankreich in Ruhe.
Fleißig tippen wir also bloß jedes einzelne gesprochene Wort der deklarativen Dozenten mit.
Eigentlich ganz facile, hat man sich mal an die diversen Dialekte und saisonalen Sprach(an)gewohnheiten der Dozenten gewöhnt...
Es scheint, als wären die anfänglichen Organisationshürden nun überwunden und die Uni nehme ihren Lauf... Pustekuchen!
Auf Grund von massiven Budgetkürzungen der Unis von Seiten des französischen Staates ist es unserer Uni nicht möglich, diverse Dozenten für das komplette Semester zu entlohnen.
Das hat zur Folge, dass Veranstaltungen gekürzt oder zusammengefasst werden, und 2 kleinere Studiengänge sogar ganz geschlossen werden sollen!
Das wirft zahlreiche Fragen auf:
Was passiert mit den bereits eingeschriebenen Studenten?
Wie kann es sein, dass der französische Staat Vereinbarungen missachtet und weniger Budget zur Verfügung stellt, als zuvor festgelegt?
Wie kann es sein, dass ein führendes EU-Land wie Frankreich seinen Bildungssektor so leiden lässt? 
Und vor allem: was tut man dagegen?
Die Devise der Franzosen lautet seit jeher: DEMONSTRIEREN!
Doch hilft das?
Fällt dann nicht noch mehr mögliche Vorlesungszeit auf Grund von Demonstrationen weg?

Für uns Deutsche ist es schwierig, diese Art der Herangehensweise zu verstehen bzw. zu unterstützen und mit diesem Problem umzugehen.
Da wir uns für den integrierten Mainz - Dijon Studiengang entschieden haben, studieren wir die Hälfte der Zeit in Frankreich und profitieren enorm von all den Möglichkeiten, die sich daraus für uns ergeben. Wir fühlen uns in gewisser Weise also ebenso betroffen wie unsere französischen Kommilitonen.
Doch wir sind keine französischen Staatsbürger und haben folglich wenig Möglichkeiten, etwas zu unternehmen!
Vielleicht fühlen wir uns auch einfach deshalb sicher, weil wir wissen, dass so etwas in unserem leider auch nicht perfekten aber gewissenhaften deutschen Bildungssystem nicht vorkommen könnte, bzw. nicht solche Ausmaße annehmen würde!

Was uns bleibt ist - wie so oft - die Hoffnung!
Die Hoffnung, unser Studium abschließen zu können!
Und die Hoffnung auf Besserung des bröckelnden Bildungssystems in Frankreich!

Dienstag, 13. September 2016

Chérie

Chérie ist unterwegs zu ihrem französischen Abenteuer.
Chérie ist nicht blond oder blöd.
Chérie liebt ihr Glas Rotwein.
Chérie sucht.
Sie sucht nach "nach deutschem Reinheitsgebot" gebrautem Bier.
Sie sucht die perfekte Mitte zwischen deutscher Ordnungsliebe und französischer Gelassenheit.
Sie sucht den süßesten Senfverkäufer.
Aber vor allem sucht Chérie die Französin in sich.